01.09.2019

Feinbohren in Superlative - Grüner setzt auf MAPAL

Getriebegehäuse-Innenbearbeitung in einem Arbeitsgang

Die Innenbearbeitung des hier gezeigten Getriebegehäuses für Hybridfahrzeuge ist besonders herausfordernd. Zusätzlich zum Getriebe/Wandler muss das Gehäuse noch den Elektromotor aufnehmen. Dadurch ist es komplex und weist eine hohe Zahl an Passungen, Freiformkonturen sowie exakt definierten Übergängen auf. Für die Finishbearbeitung, bei der enge Toleranzvorgaben einzuhalten sind, entwickelten GRÜNER Systemtechnik und MAPAL gemeinsam ein hochkomplexes Feinbohr-Stufenwerkzeug mit insgesamt 20 Stufen.

„Wir sind sowohl Hersteller von leistungsfähigen Bearbeitungszentren als auch Systemlieferant für Aluminium- und Magnesiumgussteile. Wir beschaffen die Rohteile projektspezifisch und bearbeiten diese auf selbst entwickelten und produzierten CNC-Maschinen“, erläutert Eberhard Lang, Produktionsleiter im Werk Merklingen der GRÜNER Systemtechnik GmbH & Co KG. Das Unternehmen hat eine starke Marktposition als Systemlieferant von Getriebe- und Lenkgehäusen, Motor- und Strukturbauteilen sowie E-Motorgehäusen aus Aluminium oder Magnesium für die Automobilbranche. Ein wesentlicher Teil des Unternehmenserfolgs beruht darauf, dass GRÜNER die Maschinen und Anlagen für die Bearbeitung selbst konzipiert, entwickelt und herstellt. Die Bearbeitungsphilosophie unterscheidet sich grundsätzlich von den bei Werkzeugmaschinen üblichen Ansätzen. Während übliche Anlagen häufig mit Werkzeugen arbeiten, die in komplexen Bahnen geführt werden, setzt man bei GRÜNER nach Möglichkeit auf komplexe Werkzeuge, die die Bearbeitungsaufgabe in nur einer Zustellbewegung umsetzen können. Dazu gehören beispielsweise komplexe Mehrspindel-Bearbeitungsköpfe, die zahlreiche Bohrungen und Passungen gleichzeitig in nur einem Arbeitsgang bearbeiten. Eine weitere Besonderheit sind anspruchsvolle Stufenwerkzeuge, die vielfältige Bearbeitungsaufgaben im Inneren eines Getriebegehäuses in nur einer Zustellbewegung erledigen. Dieser einzigartige Ansatz führt zu außergewöhnlich hoher Produktivität und Qualität.
Komplexer Mehrspindel-Bearbeitungskopf für die gleichzeitige Zerspanung von Bohrungen und Passungen in einem Arbeitsgang. Foto: GRÜNER 

Werkzeuge: Enge Entwicklungspartnerschaft mit MAPAL

Klaus-Dieter Reichersdörfer, Technischer Berater bei MAPAL, betont: „Bei der Entwicklung von Zerspanungswerkzeugen für solche Bearbeitungsaufgaben arbeitet GRÜNER schon seit Jahrzehnten eng mit uns zusammen.“ Ein Höhepunkt dieser Entwicklungspartnerschaft ist ein Feinbohr-Stufenwerkzeug zum Schlichten eines Hybrid-Getriebegehäuses. Bei einer Länge von 735 mm und einem maximalen Durchmesser von 313,5 mm wiegt dieses Werkzeug 207 kg. Auf seinen 20 Stufen sind insgesamt 80 hochgenau geschliffene PKD-Komponenten angeordnet, 58 Schneiden und 22 Führungsleisten zur Stabilisierung. Alle Schneiden sind austausch- und einstellbar. Zum Schlichtwerkzeug gehört ein ähnliches Schruppwerkzeug, das allerdings nicht justierbar und somit einfacher aufgebaut ist.
Gerade bei den besonders anspruchsvollen Bearbeitungsaufgaben, ist ein gutes Zusammenspiel beider Seiten entscheidend für den Erfolg. Klaus-Dieter Reichersdörfer von MAPAL mit Eberhard Lang und Werner Hanusch von GRÜNER Systemtechnik, v. l. n. r.. 

Instandhaltung „entscheidende Stellgröße“

„Bei einem derart komplexen Werkzeug ist die Instandhaltung ein sehr wichtiger Faktor“, sagt Werner Hanusch, Leiter Einstellraum des Werks in Merklingen. Auf den einzelnen Stufen sind über den Umfang zumeist jeweils drei identisch geschliffene Schneiden angeordnet, die die Mitarbeiter im Einstellraum über Stellschrauben in unterschiedlichen Richtungen beziehungsweise Winkeln verstellen können. Je nach Aufgabenstellung haben die Schneiden unterschiedliche Formen: von der einfachen Meißelkontur bis zur anspruchsvollen Freiformgeometrie. Eine Justierung ist immer dann fällig, wenn die Nachmessung der gefertigten Teile mittels 3D-Messsystem zeigt, dass bei einem oder mehreren Maßen die sogenannte Eingriffsgrenze, die noch innerhalb der einzuhaltenden Toleranzgrenze liegt, erreicht oder überschritten wird. Um das komplexe Werkzeug erfolgreich einzustellen, ist eine hohe Qualifikation und zugleich viel Erfahrung sowie Fingerspitzengefühl gefragt. Die einzelnen Schneiden können die Mitarbeiter über bis zu vier unabhängige Verstellmöglichkeiten für Größen wie radiale Position, Höhe, Neigung oder Spanwinkel einstellen. Zudem müssen sie alle Schneiden einer Stufe mit großer Genauigkeit exakt gleich ausrichten.  
Alleinstellungsmerkmal der GRÜNER Systemtechnik sind die im eigenen Hause entwickelten und gebauten Bearbeitungszentren, Vorrichtungen und Betriebsmittel. Foto: GRÜNER 

Ausgefeiltes Messsystem für die Justierung

„Für diese Arbeiten verwenden wir das Einstellgerät UNISET-V, das MAPAL speziell für dieses hohe Werkzeuggewicht ausgelegt hat“, sagt Werner Hanusch. In der bei GRÜNER eingesetzten Ausstattung hat das Gerät zudem zwei Bildschirme. So können die Mitarbeiter im Einstellraum sowohl die Grundeinstellungen im Auge behalten als auch zeitgleich bestimmte Details mit erhöhter Auflösung betrachten. Das ist insbesondere bei der Feineinstellung hilfreich. Der Hauptbildschirm zeigt hierbei kontinuierlich die wesentlichen Zahlenangaben an. Für jedes Werkzeug muss zunächst ein Mess- und Einstellprogramm erstellt werden. GRÜNER setzt das UNISET-V sowohl für die Grundeinstellung eines neu angelieferten Werkzeugs als auch zum Nachjustieren ein. Für eine Nachjustierung sind beispielsweise in der Regel ein bis zwei Arbeitsstunden einzuplanen. Fertig eingestellte Werkzeuge hält GRÜNER bis zu ihrem Einsatz im UNIBASE-M Werkzeugausgabesystem von MAPAL vor.
Das von MAPAL gelieferte Feinbohr-Stufenwerkzeug mit 20 Stufen ist mit 58 PKD-Schneiden sowie 22 PKD-Führungsleisten bestückt. 

Gemeinsame Messsystem-Entwicklung

„Da wir mit dem derzeitigen Einstellgerät von den Dimensionen der Prüfobjekte her an die Grenze kommen, beteiligen wir uns zusammen mit MAPAL an der Entwicklung eines größeren Nachfolgesystems“, sagt Eberhard Lang. Diese aus der jahrzehntelangen engen Zusammenarbeit gewachsene Partnerschaft auch bei Entwicklungsprojekten sei eine wesentliche Grundlage für den eigenen Erfolg. Bei solchen Werkzeugen sei der enge Kontakt der beteiligten Experten elementar, da die Anforderungen an das Werkzeug deutlich über die Angaben in Bauteil- und Werkzeugzeichnung hinausgehen. Gerade bei den besonders anspruchsvollen Bearbeitungsaufgaben, die bei GRÜNER zum Alltagsgeschäft gehören, sei dieses Zusammenspiel entscheidend für den Erfolg. Denn letztlich hingen die Qualität des Produkts und die Produktivität des Herstellprozesses entscheidend von der Perfektion des Werkzeugs und der Sorgfalt bei seiner Einstellung ab.
Die Schneiden können mithilfe zahlreicher Stellschrauben in verschiedene Richtungen feinjustiert werden. 

Kontakt

Andreas Enzenbach Pressesprecher und Leitung Marketing Andreas.Enzenbach@mapal.com Tel.: +49 7361 585 3683


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