19.04.2021

Neue Strukturen

MAPAL hat eine interne Neuorganisation vorgenommen und schärft sein Produkt- und Marktmanagement. Durch die stärkere Verzahnung von Funktionsbereichen will das Unternehmen das Innovationstempo beschleunigen. Warum das Bauteil dabei mehr denn je im Vordergrund steht, erläutert Jacek Kruszynski (CTO) im Interview.

Schnellere Prozesse und noch mehr Kundenservice

Herr Kruszynski, Sie haben als Chief Technical Officer die organisatorische Neuorientierung von MAPAL mitgestaltet, insbesondere was das zukünftige Produktmanagement und die Bearbeitung einzelner Marktsegmente anbelangt. Welche Ziele verbindet MAPAL mit der Umstrukturierung? 

Wie Sie wissen, steht die Industrie im Moment vor großen Herausforderungen – denken Sie an die neue Mobilität, die digitale Transformation oder das Thema Nachhaltigkeit. Mit diesen Entwicklungen müssen wir Schritt halten. Die Reorganisation unserer Prozesse ist daher ein wichtiges Element unseres Strukturprogramms 2022.

Wie sieht dieses Programm beziehungsweise die Reorganisation der Prozesse konkret aus?

Wir wollen unsere Kunden künftig noch besser bedienen, indem wir die Durchlaufzeit der verschiedenen Geschäftsprozesse, beispielsweise die Angebotsbearbeitung oder die Konfiguration von Werkzeugen, deutlich verkürzen. Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir Schnittstellen reduziert, klare Verantwortlichkeiten definiert und gleiche oder ähnliche Tätigkeiten zusammengeführt. Zudem wollen wir Themen, die bisher Projektcharakter hatten, in die tägliche Arbeit überführen. Es geht uns hier konkret um die Erschließung neuer Märkte, eine engere Verzahnung der internen Abläufe und die Schaffung zusätzlicher Vertriebskanäle. 

MAPAL wendet sich ja auch neuen Marktfeldern zu, in denen das Unternehmen bislang noch nicht so stark vertreten war. Ist das der Beginn eines allmählichen Rückzugs aus der Automobilindustrie?

Es ist richtig, dass wir uns seit einiger Zeit mit neuen Branchen befassen, in denen wir in der Vergangenheit weniger aktiv waren. Das bedeutet aber nicht, dass wir das Engagement in unseren angestammten Märkten, etwa in der Automobilindustrie, zurückfahren. Im Gegenteil. Im Automotive-Bereich liegen viele unserer Kernkompetenzen. Aus diesem Grund werden wir uns sogar noch intensiver als bisher mit dieser Branche und ihren technologischen Entwicklungen beschäftigen. Unser Anspruch ist es, als Präzisionswerkzeughersteller und Lösungsanbieter im Automobilbereich die Nummer eins zu sein, sowohl im Bereich des konventionellen Antriebstrangs als auch in der E-Mobilität. Wir sind für beide Entwicklungen gewappnet und fahren daher eine duale Strategie. Unser Ansatz ist es, neue Technologien zu forcieren und uns Felder in der E-Mobilität zu suchen, in denen wir unsere Kompetenzen ausspielen können. Gleichzeitig arbeiten unsere Forschungs- und Entwicklungsingenieure intensiv daran, vorhandene Technologien zu optimieren. 

Wie schafft sich MAPAL die notwendigen Ressourcen, um neue Branchen und Anwendungsfelder zu bedienen? Das bedeutet doch einen erheblichen Mehraufwand, etwa in der Produktentwicklung, in der Logistik, im Marketing und in der Kundenbetreuung?

Wir sind auf die anstehenden Aufgaben gut vorbereitet. Indem wir unsere Abläufe neu strukturieren, schaffen wir uns zusätzliche Freiräume und mehr Effizienz innerhalb der gesamten Prozesskette. Wir haben neue Verantwortungsbereiche definiert und mit Spezialisten besetzt, die sich ausschließlich um einzelne Marktsegmente kümmern.
 

Neben der Automobilindustrie baut MAPAL seine Kompetenzen im Werkzeug- und Formenbau sowie in der Luftfahrtindustrie aus. 

Zu denen künftig weitere Sektoren des Allgemeinen Maschinenbaus sowie der Werkzeug- und Formenbau gehören?

Das ist richtig. Wenn man an MAPAL denkt, denkt man bisher vor allem an Anwendungen in der Automobilindustrie. Es gibt aber eine Vielzahl von Anwendungen außerhalb dieser Branche. Ich sehe gute Einsatzfelder für MAPAL Werkzeuge in der Lebensmittelindustrie, in den Bereichen Optik, Medizin und Medien oder auch im Werkzeug- und Formenbau. Auch die Mobilität, ganz allgemein betrachtet, ist natürlich ein fester Bestandteil menschlichen Daseins. Menschen bewegen sich, ob zu Fuß, mit dem eigenen Fahrzeug oder anderen Verkehrsmitteln, wie dem Schiff, der Bahn oder dem Flugzeug. Und auch sie bietet noch viel mehr Anwendungsbereiche.

Welche zum Beispiel?

Denken Sie an den Transport von Energieträgern aller Art. Bauteile wie Kompressoren, Aggregate oder Ventile erfordern eine Vielzahl von Bearbeitungen. Unter anderem auch Bohrungen, die in hoher Präzision erzeugt werden müssen. Solche Bauteile sind also wie geschaffen für die mikrometergenaue Bearbeitung mit MAPAL Werkzeugen.

Was macht den Werkzeug- und Formenbau für MAPAL so interessant?

Das lässt sich gut erklären. Formen werden für unterschiedlichste Anwendungsbereiche benutzt. Wir brauchen sie für alle Dinge des täglichen Lebens, ob das nun Haushaltsgeräte, Transportmittel oder medizinische und optische Hilfsmittel sind. Aus diesem Grund widmen wir uns diesem großen Feld und befassen uns mit allen Anwendungen, Bauteilen und Komponenten, die eine Schnittmenge mit unserer Kompetenz in der Präzisionsbearbeitung aufweisen. 

Was heißt das genau?

​​​​​​​Soweit die Anwendungen in unser Programm passen, werden wir sie bedienen. Darüber hinaus entwickeln wir das Portfolio ständig weiter und ergänzen es um die Produkte und Dienstleistungen, die notwendig sind, um den Kunden vollumfänglich zu bedienen. Immer mit dem Ansatz: Die Komponente steht im Vordergrund.

Für die Elektromobilität bietet MAPAL umfassende, hochwirtschaftliche Werkzeuglösungen. Auch für Bauteile aus der Windenergie und dem Schiffsbau erarbeitet das Unternehmen attraktive Bearbeitungslösungen. 

Wie groß ist der Wirkungskreis der neuen Strukturen?

Wir haben ein flächendeckendes Marktsegmentmanagement aufgebaut, damit unsere internationalen Standorte und Vertriebspartner künftig noch besser zusammenarbeiten können. Die neuen Strukturen stellen einen weltweiten Transfer des Know-hows sicher, von dem der Kunde profitiert. Denn die Gesamtheit unseres fundierten Wissens ist damit immer und überall auf dem aktuellen Stand der Technik. Das ist auch der Hauptgrund, warum wir für jedes Marktsegment ein Produkt-, Applikations- und Segment-Management eingerichtet haben, mit einem Stab von Spezialisten, die sich ausschließlich um den jeweiligen Bereich kümmern. Denn unser Fokus liegt ja nicht allein auf der Entwicklung eines marktfähigen Produktes – wir betrachten die gesamte Applikation und schauen uns den Bearbeitungsprozess sehr genau an. Wie gesagt, das Bauteil steht für MAPAL immer im Vordergrund.

Gibt es denn auch Änderungen am Produktportfolio von MAPAL?

​​​​​​​Wir sind mit unserem Produktprogramm sehr breit aufgestellt. Aber natürlich führen wir im Rahmen unseres Product Lifecycle Managements regelmäßige Analysen durch. Wir prüfen, inwieweit das aktuelle Portfolio die zukünftigen Anforderungen unserer Kunden deckt und beschäftigen uns anschließend mit der Entwicklung neuer Produkte, um alle Anwendungsbereiche vollumfänglich zu bedienen. Wenn man an den Bereich Werkzeug- und Formenbau denkt, bieten wir ja nicht nur Werkzeuge zum Bohren und Fräsen. Wir haben unter anderem auch Reibwerkzeuge und Spannzeuge im Sortiment sowie Ausgabe- und Messgeräte. Zusätzlich bieten wir ein Toolmanagement und digitale Dienstleistungen an und beraten die Kunden, wie sie ihre Stückkosten nachhaltig senken können. Das Programm von MAPAL geht weit über das eigentliche Werkzeug hinaus.
 

Der Allgmeine Maschinenbau, die Medizintechnik und der Schienenverkehr sind strategisch wichtige Branchen für MAPAL. 

In welchen Ländermärkten wird sich die Neuorganisation zuerst bemerkbar machen?

Wir konzentrieren uns zunächst auf unsere Hauptmärkte, also die D-A-CH-Region, China und die USA, und führen dort die neuen Strukturen ein. Generell werden wir aber überall dort hingehen, wo unsere Kunden sind. Und wenn unsere Kunden vernetzt sind, folgen wir dieser Vernetzung. Im Automobilbereich wollen wir uns auf die Regionen fokussieren, in denen die E-Mobilität auf dem Vormarsch ist. Im Luftfahrtbereich blicken wir derzeit verstärkt auf Märkte wie China und die Türkei. 

Wie wichtig ist die internationale Zusammenarbeit innerhalb der MAPAL Gruppe?

Wir sehen es als eine unserer Hauptaufgaben an, die Kommunikation mit unseren internationalen Standorten und Vertriebspartnern zu stärken. Dazu haben wir mit der Implementierung digitaler Tools und Austauschplattformen sowie Schulungs- und Informationsangeboten die notwendigen Voraussetzungen geschaffen. Es geht darum, dass eine MAPAL Community entsteht. Knowledge ist ein Megatrend. Junge Leute gehen ganz anders mit Wissen um, deshalb wollen wir alle Möglichkeiten der Wissensteilung nutzen, indem wir die digitalen Möglichkeiten konsequent erweitern. 

Hat die COVID-19-Pandemie die Einführung der neuen Strukturen beeinflusst?

Die Pandemie hat sich nicht wesentlich auf die Neuorganisation von MAPAL ausgewirkt. Wir haben schon vor zwei Jahren begonnen, die neuen Strukturen schrittweise einzuführen. Durch Corona konnten wir uns jedoch mehr Zeit nehmen, bestimmte Projekte genauer zu entwickeln oder zu konsolidieren. Die Pandemie hat einige unserer Projekte sogar beschleunigt, etwa die Digitalisierung von Daten und Prozessen und die Nutzung neuer Kommunikationskanäle. 

Was steht denn in naher Zukunft noch auf Ihrer Agenda?

​​​​​​​Anwendungen wie Machine Learning und die Digitalisierung von Engineeringprozessen werden weiter an Bedeutung gewinnen. Sie bieten uns eine Vielzahl von Möglichkeiten, die Kunden bei ihren Bearbeitungsaufgaben zu unterstützen. Die Implementierung und Nutzung solcher Tools werden wir in den kommenden Monaten noch stärker angehen.


​​​​​​​Vielen Dank für das Gespräch.
 


Kontakt

Sabine Raab Public Relations Sabine.Raab@mapal.com Tel.: +49 7361 585 3475


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